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Führungskräfte müssen nicht pampern

Führungskräfte sind weder Kindergärtner noch Seelendoktoren, sondern Ergebnisverantwortliche in Wirtschaftsorganisationen. Das ist ihr Fokus. Mitarbeitende haben sich freiwillig und gegen Gehalt dazu verpflichtet, dabei zu helfen. Das aktuelle Missverständnis: Unternehmen und Führungskräfte seien dazu da, Mitarbeitende in ihrer Gesamtpersönlichkeit zu umsorgen und eine glückliche Lebensführung zu ermöglichen.

Burnout ist chic. Die Ausgebranntsein-Welle hat etwas an die Oberfläche gespült, das seit einigen Jahrzehnten vom Meeresgrund nach oben treibt: Führungskräfte werden dazu verpflichtet, psychologisch und ganzheitlich zu führen. Sie erhalten den Status von Eltern und die Macht von Psychologen und Psychotherapeuten. Der pädagogische-Aspekt zielt auf erzieherische Pflichten; der psychologische Aspekt auf eine Fürsorgepflicht, die Innerseelisches, Persönlichkeitsbildung und die gesamte Lebensführung der Gesamtpersönlichkeit umgreift.

Für Mitarbeitende ist es zur Selbstverständlichkeit geworden, Führende (bzw. das Unternehmen) für das eigene Wohlbefinden und die berühmte Work-Life-Balance einzuspannen. Für Legitimität sorgen Experten, insbesondere Psychologen, Psychosomatiker, Mediziner sowie Personaler und Berater aus der Weiterbildungsszene.

Dieselben sind es auch, die Führungskräfte mit diagnostischen, präventiven und kurativen, mit psychologischen und therapeutischen Aufgaben in wachsendem Maß beladen. Zu den Wurzeln dieser Entwicklung gehören: Die ideologische Schablone von Ausbeutenden und Ausgebeuteten, von Tätern und Opfern, von dunkler und heller Seite der Macht; ferner ein bestimmtes Menschenbild. Zentral dabei: Der Mensch muss als Dreieinigkeit von Seele, Leib, Geist und Wohlbefinden muss ganzheitlich, im Zusammenspiel der drei mit dem sozialem Umfeld betrachtet werden. Ferner: Der Mensch ist ein nach Sinn suchendes Wesen, und die berufliche Arbeit muss als Sinnressource Sinnstiftung ermöglichen, zumal sie vom Privaten nicht trennbar ist. Also müssen Führungskräfte im Rahmen ihrer Fürsorgeverantwortung psychologische Belange in der Mitarbeiterführung berücksichtigen. Sie müssen unter anderem auf Seelennot eingehen, für persönlichste Belange beide Ohren offen haben und ihre Führung auf jeden Mitarbeiter abstellen. Individualisierung von Führung nennt man das – durchdrungen von Psychologisierung. Exakt hier liegt das Problem.

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